Umbau der Remise auf Gut Herbigshagen

Engere Wahl Holzbaupreis Niedersachsen 2016

Objekt

Biodiversität zu erhalten und zu fördern, ist eine der zentralen Aufgaben der Heinz Sielmann Stiftung. Sie widmet diesem komplexen Thema auf Gut Herbigshagen eine eigene Ausstellung.

Um die neue Attraktion für die Besucher auf dem Hofgelände eindeutig zu markieren, wurde die Remise im Zuge der Umbauarbeiten mit einer neuen, dunklen und geflammten Fassadenhülle versehen. Ausdrucksstark schiebt sich der Spitzgiebel des ergänzten Anbaus unter dem neu eingedeckten Dach hervor und schafft einen neuen, prägnanten Eingangsbereich. Große Glaseinschnitte öffnen das Gebäude nach außen und bieten den Besuchern spannende Ein- und Ausblicke.

Eingefasst durch das ursprüngliche hölzerne Tragwerk der Remise gliedern eingestellte Baukörper den weitläufigen Ausstellungsraum. So entsteht eine Raum-in-Raum-Installation mit einem großen explorativen Zwischenraum und sechs narrativen Innenräumen. Außen sind die Baukörper aus hellem Birkenholz gefertigt und heben sich deutlich von der neuen dunklen, geflammten Fassade und dem neuen grauen Pflaster des Bodens ab. Zwischen den Erzählräumen wird den Besuchern vermittelt, was biologische Vielfalt bedeutet, welche Relevanz sie für uns hat und wie wir sie durch unser Tun beeinflussen. Im Inneren bietet jeder Themenraum spannende, neue Blickwinkel auf die vielschichtigen Prozesse der Natur. Überraschende Perspektivwechsel und ungewöhnliche Erzählmethoden regen zum Mitmachen an und bieten den Besuchern die Möglichkeit, die Antworten auf ihre Fragen selbst zu entdecken. Dabei ist die Ausstellung sensorisch, motorisch und kognitiv barrierefrei.

Der neu geschaffene Ausstellungsraum ist, wie die landwirtschaftlich genutzte Remise zuvor, als Kaltraum konzipiert und fügt sich in den Besucherrundgang über den Bio-Bauernhof mit Schaustall ein. Um Ressourcen zu schonen, wurde auf Dämmung und Heizung verzichtet sowie auf natürliche Belüftung Wert gelegt. Die neue Gebäudehülle legt sich so als Witterungsschutz um die hölzerne Tragstruktur des Bestandes und lässt diese erlebbar. Im Sinne der Nachhaltigkeit wurden für die Fassade und den Innenausbau ausschließlich Holz- und Holzwerkstoffe verwendet, die robust und langlebig sind.

01 Gut Herbigshagen Das Natur-Erlebniszentrum Gut Herbigshagen, der heutige Sitz der Heinz Sielmann Stiftung, ist ein landwirtschaftlicher Betrieb. Früher waren Wohnhaus, Stall und Scheune durch Typologie und Bauweise in ihren Gebäudefunktionen klar erkennbar. Im Laufe der Zeit führten Umnutzungen und Anbauten zu einer mangelnden Ablesbarkeit der Funktionen. Um das Gelände besucherfreundlicher zu gestalten und die Attraktionen eindeutig zu markieren, werden die öffentlichen Gebäudeteile des Hofensembles mit Fassadenelementen aus dunklem Holz und offenen Glasflächen klar gekennzeichnet. Die Remise im Zentrum des Hofes bildet den ersten Bauabschnitt zur Modernisierung von Gut Herbigshagen.

02 Moderne Akzente setzen Die neue dunkle Holzfassade lässt die klare Grundform der Remise ausdrucksstark zur Geltung kommen. Wie selbstverständlich integriert sich der Neubau in seiner exponierten Stellung in das Hofgefüge. Der Anbau schiebt sich markant unter dem neu eingedeckten Dach hervor und verlängert den Ursprungsbau modern in Richtung Hof. Die vorhandene Bausubstanz bleibt in ihrer Authentizität erhalten.

03 Auftakt zur Ausstellung Mit einem großen Glaselement wird der Eingang zum Gebäude deutlich markiert und unterstützt die Blickbeziehung zum Hauptgebäude. Die Ausstellung „Es lebe die Vielfalt“ beginnt mit einer Masse des ewig Gleichen. 101 gleiche, weiße Gummistiefel füllen den Raum. Nur einer ist anders und tanzt regelrecht aus der Reihe. Eindrucksvoll und spielerisch vermittelt der Prolog so ein Gefühl für die Relevanz biologischer Vielfalt und entlässt die Besucher neugierig und voller Fragen in die Ausstellung.

04 Natürlicher Witterungsschutz Das geflammte Lärchenholz der Fassade als Boden-Deckelschalung leistet seinen Beitrag zur Philosophie der Heinz Sielmann Stiftung und verleiht dem Naturschutzgedanken das passende Gesicht.

05 Anbau Das Rendering aus dem Wettbewerbsentwurf zeigt den Anbau, der sich auf der dem Hof zugewandten Stirnseite unter dem Bestandsdach hervorschiebt.

06 + 07 Vor dem Umbau Die Remise wurde landwirtschaftlich genutzt. Fassade und Dach benötigten eine Erneuerung.

08 Erhaltener Bestand Die tageslichtdurchflutete Remise bildet den Rahmen für die Ausstellung zum Thema Biodiversität, deren Erhalt sowie deren nachhaltigen Förderung sich die Heinz Sielmann Stiftung maßgeblich verschrieben hat. Die ursprüngliche Holzkonstruktion der Remise ist für die Besucher erlebbar und gibt dem Ausstellungsparcours seine architektonische Gliederung.

09 Ein vielschichtiger Erzählparcours Im Inneren der Remise teilen eingestellte Baukörper den Ausstellungsraum in einen explorativen Zwischenraum und vertiefende Innenräume. Zwei dieser Themenräume stehen sich jeweils in einer Raumachse gegenüber. Sie wirken zusammen wie ein Element, das im Schifterschnitt geteilt wurde. Die Schnittflächen sind im Markenblau der Heinz Sielmann Stiftung gestaltet, stellen thematische Bezüge her und sind gleichzeitig Eintrittsflächen in die themenvertiefenden Erzählräume.

10 Ein- und Ausblicke Große Glaseinschnitte in der Fassade öffnen die Remise und bieten Besuchern von außen spannende Einblicke in den neuen Ausstellungsraum und schaffen von Innen den Bezug zur Stiftung und zur Natur.

11 Explorativer Zwischenraum und narrative Innenräume Zwischen den eingestellten Themenräumen entsteht eine eigenständige Informationsebene. Sie regt die Besucher an, den Wert der biologischen Vielfalt selbstständig zu entdecken. In diesem explorativen Zwischenraum erfahren die Besucher, was Biodiversität bedeutet. So wird den Besuchern unabhängig von ihrem Alter, der Dauer und der Intensität ihres Aufenthalts unter dem Motto „Es lebe die Vielfalt!“ das übergeordnete Ausstellungsthema vermittelt. Ergänzend dazu sind in den narrativen Innenräumen verschiedene natürliche Prozesse emotional erlebbar.

Würdigung der Jury

Das umgesetzte Konzept ist beispielhaft für den ressourcenschonenden Umgang mit dem Gebäudebestand – Umnutzung vor Neubau – selbst dort, wo ausreichend Platz vermutet wird. Insbesondere hebt sich nach Meinung der Jury der formal kurzweilige, vor allem authentische Umgang mit der Remise wohltuend vom sonstigen Bestand des Gebäudeensembles ab.

Objektdaten

  • Nutzungsart: Ausstellungsgebäude
  • Projektart:
  • Fläche BGF: 242,5 m²
  • Kubatur BRI: 1478 m³

Bauweise

  • Wände / Hülle: Tragwerk: Bestand, Anbau Holzständerwerk; Hülle: geflammtes Lärchenholz als Bodendeckelschalung
  • Dach: Tiegeldeckung, Aufsparrendämmung aus bitumierter Holzweichfaserplatte auf Bestandssparren. Innenseitig sichtbar gelassen

Baujahr

2015

Adresse

Gut Herbigshagen
37115 Duderstadt
Deutschland

Bauherr

Heinz Sielmann Stiftung
Natur-Erlebniszentrum Gut Herbigshagen

Sielmann-Weg 1
37115 Duderstadt
Tel. (05527) 914-0
Bitte Javascript aktivieren!

Architektur

stories within architecture
Victoria Wille Architektin

Willmanndamm 13a
10827 Berlin
Tel. (030) 69004560
Bitte Javascript aktivieren!

Tragwerksplanung

Georg Hecht Gbr.

Bruchtal 30
32457 Petershagen
Tel. (05706) 390894
Bitte Javascript aktivieren!

Holzbau

Zimmerei Struthmann GmbH

Leinestr. 2
37372 Wingerode
Tel. (03605) 546595
Bitte Javascript aktivieren!

Fotografie

Tobias Wille

Willmanndamm 13
10827 Berlin
Tel. (0179) 2032391
Bitte Javascript aktivieren!